30.04.2025
Der Bundesgerichtshof hat eine Verurteilung wegen Volksverhetzung aufgrund der Veröffentlichung einer Abbildung des Eingangs eines Konzentrationslagers mit der Aufschrift "Impfen macht frei" bestätigt. Das Landgericht (LG) Köln hatte gegen den Angeklagten eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 50 Euro verhängt.
Der 65 Jahre alte Mann hatte im April 2020 während der ersten Infektionswelle der COVID-19-Pandemie über sein von jedem Nutzer einsehbares "Facebook"-Profil eine karikaturhaft anmutende Abbildung, die den Untertitel "Die Pointe des Coronawitzes" trug, veröffentlicht. Die Darstellung zeigte das Eingangstor zu einem Lager. Oberhalb des Zugangs war der geschwungene Schriftzug "Impfen macht frei" angebracht. Das Eingangstor war augenscheinlich an dasjenige des Konzentrationslagers Auschwitz mit dem Schriftzug "Arbeit macht frei" angelehnt.
Das Tor flankierten zwei schwarz gekleidete, soldatisch anmutende Wächter, die jeweils eine überdimensionierte, mit einer grünen Flüssigkeit gefüllte Spritze in den Armen hielten. Im Inneren des Lagers waren zwei blumengeschmückte Bildnisse zu erkennen, nämlich das Portrait eines überzeichnet dargestellten Chinesen sowie ein solches des "Microsoft"-Gründers und Gesundheitsmäzens Bill Gates. Das LG hat das festgestellte Verhalten als Volksverhetzung in der Tathandlungsvariante des Verharmlosens des NS-Völkermordes beurteilt.
Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist ohne Erfolg geblieben. Der BGH konnte bei seiner sachlich-rechtlichen Nachprüfung des LG-Urteils keinen Rechtsfehler erkennen.
Die Wertung des LG, die untertitelte Abbildung verschleiere und bagatellisiere das historisch einzigartige Unrecht der in Konzentrationslagern vollzogenen Vernichtung von Millionen europäischen Juden und anderen vom nationalsozialistischen Regime verfolgten Gruppen in seinem wahren Gewicht, sei nicht zu beanstanden. Der qualitativen Abwertung des NS-Völkermordes im Sinne einer Relativierung von dessen Unwertgehalt steht aus Sicht des BGH dabei nicht entgegen, dass zugleich die Auswirkungen von Coronaschutzmaßnahmen überzogen dramatisiert dargestellt werden sollten.
Die von der Strafkammer getroffene Feststellung, die Veröffentlichung der untertitelten Abbildung sei geeignet gewesen, den öffentlichen Frieden – das Vertrauen in die allgemeine Rechtssicherheit – zu gefährden, habe auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung beruht. Zum einen habe das LG nachvollziehbar darauf abgehoben, die Abbildung insinuiere, den Betroffenen staatlicher Coronaschutzmaßnahmen werde gleiches Unrecht zugefügt wie den Opfern des Holocausts; deshalb sei sie geeignet, ihre Betrachter aggressiv zu emotionalisieren. Zum anderen habe es der Darstellung jedenfalls vertretbar Appellcharakter dahin beigemessen, sich gegen staatliche Maßnahmen rechtzeitig zur Wehr zu setzen, bevor es zu einem staatlichen Impfzwang komme.
Mit der Entscheidung des BGH ist das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.02.2025, 3 StR 468/24